17 Rene Gabriel
1990 war das einer der ersten Weine, die ich mit Ueli Prager getrunken hatte. Eine Flasche im Mövenpick in Ouchy bevor wir ins Burgund fuhren. 1995 attestierte ich ihm eine metallische Note und bemängelte die fehlende 82er Opulenz. Dann hatte ich das Gefühl, dass er doch noch etwas Fett erarbeitete. Allerdings schien er mir noch weit entfernt von seiner richtigen Genussreife. Eine Theorie, die sich anhand des Jahrganges 1975 von Meyney ebenfalls bestätigt hatte. 99: Die Journalistin Magda Ganz schenkte mir eine Flasche zwecks Degustation, da sie sich bei einer Einladung derart geschämt hatte, als sie ihren Gästen diesen Wein servierte: Die Farbe noch jung, recht dicht mit wenig Reifetönen. Am Glasrand war eine feine Kohlensäureanzeige sichtbar, das Bouquet zeigte dadurch eine pfeffrige, fast etwas nach Essig duftende Note. Im Gaumen blechig, mit zu starker, dominierender Säure behaftet. Machte wirklich keinen Spass. Ich stellte die Flasche unverschlossen in den Keller, um gut vierzehn Stunden später nochmals daran zu schnuppern – mit völlig anders zu wertenden Kriterien. Pflaumiges, würziges Bouquet, schön ausladend und eine gewisse Fülle anzeigend. Im Gaumen fleischig, gute Konsistenz, noch immer ein feiner Kapselton und eine etwas spitze, pfeffrige Säure. Zu einer kräftigen Fleischspeise aber, ein durchaus passender, wenn auch rustikaler Wein. Und ich bin mir sicher, dass er erst in etwa fünf Jahren in der optimalen Genussreife sein wird. Mindestens fünf Stunden dekantieren und nicht zu warm servieren. (16/20). 07: Ein paar Magnums zu 200 Franken gekauft und es hat sich gelohnt. Normalerweise werden kleinere St. Estèphes beim Altern trocken und sperrig. Dieser ist recht fein geworden. Beginnt mit einem tiefen Erdton, zeigt sich am Anfang metallisch, aber auch Fassnoten und legt dann an der Luft zu. Im Gaumen die typischen Cordier-Aromen der damaligen Epoche. Macht echt Freude, wer reifen, feinem geschmackvollen Bordeaux mag. 09: Eine wunderbare, reife Doppelmagnum an der Impérialmetzgete in Zug. Füllig, pflaumig und - für einen St. Estèphe - erstaunlich fein. Der füllig-weiche Jahrgang 1982 prägt somit den Charakter mehr als die Appellation. Legte zu an der Luft und somit noch lange in der Genussphase. Zumindest aus diesem Grossformat. (17/20). 10: Normalflasche: Würzig, viel Brazil-Tabak in der Nase, klassischer Erd-Eisenton der sich mit grünlichem Cabernet vermischt. Im Gaumen pfeffrig, klar ausgerichtet mit muskulöser Rest-Adstringenz, wirkt so noch erstaunlich jung und ergibt einen herrlichen Essbegleiter. Doppelmagnum: Forscher mit mehr Muskeln. Impérialflasche: Jung mit deutlich mehr Frucht und Primäraromatik, fest im Biss aber auch kompakter vom Fleisch und vom Fett her. (18/20). 12: Recht dunkles, erstaunlich tiefes Granat, wenig Reifetöne. Tolles, komplexes Bouquet, zeigt noch Fruchtresten, Brazil-Tabaknoten, getrocknete Haut von schwarzen Pflaumen, ein Hauch Korinthen und Rauchspuren, ziemlich tiefgründig. Fest im Gaumen, viel Fleisch, toller Rückhalt, charaktervolle Bitternoten im Nachlang. In der Jugend war das kein attraktiver Wein. Habe ich deshalb noch nie so sensationell gut erlebt. Arroganz als Gütesiegel oder Magnumbonus? (18/20). Bewertung der Normalflasche: trinken ( - 2020)